Auf den Spuren Luthers in Worms

Seit fast einem Jahrzehnt existiert an unserer Schule eine Geschichts-AG, die von Herrn Schmahl, Herrn Dworaczeck und Frau Engel geleitet wird.

Wen wundert es, dass wir uns anlässlich des Lutherjahrs 2017 auf die Spuren des Reformators begeben haben? Im Rahmen dieses Projektes haben wir auch einen Nachmittag in Worms verbracht, wo sich bekannterweise Luther „vor Kaiser und Reich“ (das heißt, dem Reichsfürstenrat) verantworten musste. An unserem Treffpunkt, dem Hauptbahnhof, gab es zwar noch nicht allzu viel zu Luther zu sehen, doch einen genaueren Blick lohnt das Bahnhofsgebäude allemal: Über dem Tor befindet sich ein bogenförmiges Relief, das verschiedene Möglichkeiten der Fortbewegung im Lauf der Jahrhunderte darstellt.

Als dann die Führung richtig begann, machten wir zunächst einen Abstecher zu einem öffentlich platzierten Modell der Stadt Worms, auf welchem die Fremdenführerin Heike Schreiber-Wolsiffer uns die Lage die für die Reformation wichtigen Sehenswürdigkeiten zeigte.

Unser erstes Ziel – unverzichtbar für jeden, der Worms besichtigt – war das Lutherdenkmal, für dessen Finanzierung ein Verein gegründet wurde, der um Spenden aus aller Welt für den Bau des Denkmals warb. Das 1868 eingeweihte Monument stellt eine Burg dar, angelehnt an das Lied „Eine feste Burg ist unser Gott“. Der Bergfried ist natürlich Luther selbst, um ihn herum sitzen vier frühere Reformatoren, denn die Idee der Reformation ist nicht erst mit dem Mann aus Eisleben entstanden: Ein bekannter Reformator ist beispielsweise Johannes Hus, der 1369 auf einem Scheiterhaufen in Konstanz verbrannt wurde. Die Zinnen der Burg werden teilweise von den Wappen einiger Städte geschmückt, die eine Bedeutung für die Reformation haben, teilweise auch von Figuren, welche bedeutsame Personen oder Städte darstellen. So ist beispielsweise Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen nicht zu übersehen. Ein Beispiel für eine Stadt ist die trauernde Magdeburg, die im Dreißigjährigen Krieg geplündert und zerstört wurde.

Eine Etappe weiter – diesmal ging es in den Garten des Heylshofes. Dort stand früher einmal der Bischofspalast, heute findet sich ein Denkmal an der Stelle, wo der Martin Luther beim Reichstag gestanden haben soll. Bei diesem Monument handelt es sich um ein überdimensionales Paar Schuhe. Etwas weniger mit der Reformation zu tun hatte die von einem früheren Besitzer des Heylshofes aufgestellte Bismarck-Büste. Diese führte zu einer Erörterung der Fremdenführerin darüber, dass eben kein Mensch nur gute oder schlechte Seiten habe. Bismarck hat einerseits die Krankenversicherung eingeführt, gleichzeitig jedoch die Sozialdemokraten erbittert verfolgt.

Unsere nächste Station war der Wormser Dom, ein Gebäude, zu dem Luther bei seinem Aufenthalt in Worms gar keinen Zutritt mehr hatte. Besonders interessant waren dort die gotischen Reliefs an den Wänden, die einige zunächst absurd scheinende Detail aufwiesen. Wer (außer AG-Mitglied Isabelle) käme schon auf die Idee, dass diese Blume neben dem Stall in Bethlehem ein Löwenzahn der Hoffnung ist? Oder wer denkt bei der Darstellung einer fliehenden Eidechse daran, dieses Tier könne einmal mir einem Drachen verbunden worden sein, der bei der Ankunft des Herrn die Flucht ergreift?

Wir blieben bei den Kirchen, es gibt davon ja nicht nur eine in Worms und auch nicht ausschließlich katholische. Eine sehr bekannte evangelische Kirche in Worms ist die Dreifaltigkeitskirche. Ihre Wände sind mit dem Kleinen Katechismus beschrieben, eine von Luther verfasste Einführung in den christlichen Glauben. Der Bau des Kirchengebäudes erfolgte nachdem Worms 1689 im Pfälzischen Erbfolgekrieg gebrandschatzt worden war. Die Wormser befürchteten, dass das Unglück seine Ursache in der Vernachlässigung des Glaubens hatte, daher war eine der ersten Schritte beim Wiederaufbau der Stadt der Bau einer Kirche. Dieses Thema führte zum, Schluss der Führung noch zu einer kleinen Diskussion: Den Katholiken unter uns fiel nämlich der Umstand auf, dass der Bau einer Kirche, um sein Gewissen zu beruhigen, so ganz und gar nicht mit dem Grundsatz zusammenpasste, keine Geschäfte mit Gott zu machen. Warum man den Katholiken so etwas zum Vorwurf mache, den Protestanten aber nicht? Dieser Einwand brachte Frau Schreiber-Wolsiffer dazu, eine flammende Verteidigungsrede zu halten. Als sie sich wieder beruhigt hatte, kam ihr in den Sinn, wir könnten eine Reli-Gruppe sein und ich hatte den Eindruck, dass sie ganz erleichtert war, über die Antwort, wir seien eine Geschichts-AG.

Damit war die spannende Führung auch schon vorbei und wir gingen zum Abschluss noch Pizza essen, bevor wir uns auf den Rückweg machten.

Luisa-Maria Padadopoulos (8a)

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