Ein etwas anderer Landtag

Am 9. Mai wurde im Landtag von Rheinland-Pfalz mal wieder Politik gemacht. Doch dieses Mal waren es keine professionellen Volksvertreter, die dort über die verschiedenen Themen diskutierten, sondern die Schüler von vier Schulklassen aus dem ganzen Bundesland.

Dies geschah im Rahmen des 32. Schülerlandtags Rheinland-Pfalz, bei dem seit 1985 jedes Jahr vier Klassen im 10. bzw. 11. Schuljahr die Möglichkeit bekommen, einen tieferen Einblick in die Politik und die tägliche Arbeit des Landtags zu erhalten. Dabei bildet jede teilnehmende Schule eine eigene Fraktion mit Fraktionsvorsitzendem und individuellem Namen. Von allen vier Fraktionen wird dann am Tag der Sitzung jeweils ein Antrag gestellt, über den die Schüler dann genau wie im echten Landtag diskutieren. Zu welchen politischen Bereichen diese Anträge gehören, spielt keine Rolle, erkennen die Schüler ein Problem und haben einen Verbesserungsvorschlag, können sie diesen zur Debatte bringen, egal wo sie das Problem sehen. Doch diese Diskussionen sind nicht ohne Bedeutung, denn wird ein Antrag der Schüler im Votum der Fraktionen angenommen, landet dieser direkt auf dem Tisch der entsprechenden Ausschüsse des tatsächlichen Landtages Rheinland-Pfalz und es wird dort ein weiteres Mal über ihn debattiert. So ist es der Jugend durch den Schülerlandtag möglich, aktiv die Politik des Landes Rheinland-Pfalz mit guten Ideen mitzugestalten.

Dieses Jahr waren ein weiteres Mal Schulen aus dem ganzen Bundesland vertreten, unter anderem die Klasse 10a des Römerkastells in Alzey, die in Zusammenarbeit mit Lehrer Michael Steuer den Antrag vorbereitete. Unter dem Fraktionsnamen „Die Römerpartei“ (DRP) schickten sie einen Antrag ins Rennen, der eine Erneuerung der Notengebung in den Fächern Sport und Kunst forderte. „Wir empfinden es als eine Ungerechtigkeit, dass in diesen Fächern oft nur nach Leistung benotet wird, obwohl es dort sehr viel auf Talent ankommt. Deshalb fordern wir, dass die Sport- bzw. Kunstnote weder im Zeugnis aufgeführt noch gewertet wird, wenn sie den Zeugnisdurchschnitt herabsenken würde”, erklärt Vivien Buech, die Fraktionsvorsitzende der „Römerpartei“.

Der Schülerlandtag 2017 fand dieses Jahr in der Steinhalle des Landesmuseums statt, da das Landtagsgebäude momentan saniert wird. Er begann nach einem Empfang im Vorraum mit einer Begrüßungsrede von Barbara Schleicher-Rothmund, der Vizepräsidentin des Landtags Rheinland-Pfalz. Nach einigen Grußworten wurde dann der erste Antrag des Tages bearbeitet, der von der Fraktion „Pro Bahn“ der Berufsbildenden Schule Betzdorf-Kirchen vorgestellt wurde. Dieser forderte eine Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene, wodurch die Straßen und die Umwelt geschont werden sollen. Nachdem der Fraktionsvorsitzende der „Pro Bahn“ Jonas Gelhausen den Vorschlag erläutert und die Staatssekretärin für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Daniela Schmitt eine Stellungnahme dazu abgegeben hatte, wurde die allgemeine Diskussion eröffnet. Dort zeigte der Antrag sich erfolgreich, die Schüler stimmten im Votum dafür ab, ihn mit einigen Änderungen anzunehmen. Darauf folgte nun der Antrag des Alzeyer Römerkastells, der nach einer erneuten Erklärung der Fraktionsvorsitzenden Buech und dem Statement des rheinlandpfälzischen Staatssekretärs für Bildung Hans Beckmann im Plenum debattiert wurde. Nach einer langen Diskussion über die Vor- und Nachteile einer solchen Änderung in der Notengebung wurde der Antrag aber letztendlich abgelehnt. Nach einer Mittagspause im Vorraum der Steinhalle wurden noch zwei weitere Anträge unter die Lupe genommen. Der erste Vorschlag nach der Pause, der von der Grund- und Realschule plus Glan-Münchweiler mit dem Fraktionsnamen „die Besten aus dem Westen“ eingebracht wurde, zielte darauf ab, das Projekt Bürgerbus, eine Organisation zum kostenlosen Transport auf Buslinien auf ehrenamtlicher Basis, im ländlichen Raum um einen Jugendbus zu ergänzen. Dieser wurde jedoch im Votum abgelehnt. Den vierten und letzten Antrag brachte gegen Ende der Verantstaltung die integrierte Gesamtschule Kastellaun mit dem Fraktionsnamen „PostPostFaktokalyptische Partei“ in die Diskussionsrunde ein. Dieser bezog sich auf die Situation, dass in Gesamtschulen sowie Realschulen plus die Fächer Erdkunde, Geschichte und Sozialkunde zusammengefasst unter dem Namen Gemeinschaftslehre unterrichtet werden. Dadurch könne der Lehrer den Schülern kein umfangreiches Grundwissen vermitteln, da er selbst nur eines oder zwei dieser Fächer studiert habe, so der Fraktionsvorsitzende der PPfP. Außerdem forderte die Fraktion eine stärkere Gewichtung des Faches Sozialkunde im Stundenplan. Obwohl der zuständige Staatssekretär im Ministerium für Bildung Hans Beckmann in seiner Stellungnahme Kritik am Antrag äußerte, wurde dieser mit einer überwältigenden Mehrheit der Schüler angenommen.

Nachdem alle Anträge bearbeitet worden waren, sprachen die Vertreter der tatsächlichen Parteien im Landtag, die die Sitzung mitverfolgt hatten, noch einmal die Notwendigkeit von Projekten wie dem Schülerlandtag an. Sie betonten, interessierter und engagierter Nachwuchs sei ein Grundstein der Demokratie und forderten die Jugendlichen dazu auf, ihre eigenen Ideen auch in Zukunft zur Sprache zu bringen. Ob diese Ideen, die vom 32. Schülerlandtag eingebracht wurden, auch den Profis zusagen, wird sich in den nächsten Monaten zeigen.

Nils Römer

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